Vegan – oder doch nicht? Teil 3

Heutiges Thema: Fleischersatzprodukte. Kontrovers und oft diskutiert, ob am Familientisch oder unter Freunden. Wer kennt den Spruch: „Ich verstehe ja wenn man vegetarisch (oder sogar vegan) ist, aber wieso musst du dann Fake-Würste essen?“

„Fischstäbchen“
„Speck“
„Plätzchen“

Was ist Eure Antwort dazu? Es gibt ja ganz verschiedene… Das Bundeszentrum für Ernährung schreibt dazu, dass viele Menschen Fleisch als festen und notwendigen Bestandteil ihres Essens sehen. Fleisch- und alles andere ist Beilage? Gilt das auch für Fleischersatzprodukte? Irgendwie bestehen die ja schon aus sogenannten Beilagen. Wieso isst man das denn überhaupt?

Eine Studie aus dem Jahr 2020 zeigt, dass viele Flexitarier ebenfalls ab und zu zum vegetarischen oder sogar veganen Ersatzprodukt greifen. Die Gründe dazu liest man aus der nachfolgenden Grafik.

Kaufgründe bei Fleischersatzprodukten
Quelle: Bundeszentrum für Ernährung

Nun, da sieht man schon, dass viele aus Neugier mal was Neues probieren. Andere, wahrscheinlich in dem Fall die vegetarisch oder vegan Lebenden, greifen aus Tierwohlgründen zu. Die 37 % welche aus gesundheitlichen Gründen ein „Soja-Schnitzel“ oder einen „Erbsen-Burger“ kaufen, werden vielleicht auf möglichst unverarbeitete Produkte zugehen. Ich möchte gerne die verschiedenen Gründe beleuchten:

Geschmack: Ein paar Produkte sind genau so gewürzt wie das Fleisch im Originial. Schlussendlich zählt das Räuchern, Würzen und Verarbeiten des gewünschten Endproduktes. Fleisch oder Fisch isst man schliesslich auch selten unmariniert… Ein paar mögen es möglichst „echt“, mit knorpelähnlichen Stückchen oder dem fischigen Geschmack. Andere möchten genau das nicht mehr – und greifen daher eher nicht zu einem Produkt, welches bereits ausschaut wie das Originial (und hoffen dass es unecht schmeckt…).

Tierwohl: Dieser Punkt ist einfach. Alles was nicht stirbt sondern pflanzlich hergestellt wird, ist mit diesem Grund zu bevorzugen.

Klima: Wer ökologisch was Sinnvolles tun kann, sollte auch nicht zu jedem x-beliebigen Ersatzprodukt greifen. Lange Flugstrecken, unökologische Herstellungsprozesse, unseriöse Herstellerfirmen und weitere Punkte können das Klima ebenfalls schädigen. Fakt ist jedoch, dass ein Rindsfilet bis zu zehn mal mehr Treibhausgase, Wasser und Fläche verbraucht als ein herkömmliches Ersatzprodukt.

Gesundheit: Da geht es wieder darum, möglichst unverarbeitete Produkte zu kaufen. Viele Produkte enthalten viel zu viel Salz, zu viel Zucker und zu viele ungesunde Zusatzstoffe. Ebenfalls beliebt bei der Herstellung von Fleisch und desser Ersatzprodukten: Fett. Bei diesem Punkt kommt der gesundheitliche Aspekt sehr individuell zum tragen.

Nun zum für mich wichtigsten Punkt, welcher in der Studie nicht aufgelistet worden ist:

Gewohnheit… Kindheitserinnerungen… Ganz einfach: Die Psychologie des Menschen und das geliebte Dazugehörigkeitsgefühl… Eine Ernährungsumstellung ist sowieso schon schwierig zu bewerkstelligen. Der Alltag muss neu strukturiert werden, Essen wird vorbereitet, man ist weniger flexibel. Eine Einladung zum Essen stellt plötzlich eine Herausforderung dar. Weihnachten und andere typische Feste sind fast nicht mehr im gewohnten Ablauf zu geniessen. Wie toll ist es doch, dass es da Alternativen gibt. Als vegetarisch / vegan lebende Person kann man somit beim Familienraclette auch ein paar Cipollatas auf den Grill schmeissen. Ebenfalls gibt es das geliebte Ghackets- und Hörnli aus Kindheitstagen für alle. Burger mit Patty machen ebenfalls mehr Spass als ein halbiertes Brot mit Tomatenscheiben in der Mitte. Die Erinnerungen an gute Momente leben im Essen weiter! Fischstäbchenkrieg mit der kleinen Schwester. Chicken Nuggets im Zoo. Oma’s Bolognese jeden ersten Sonntag im Monat. Döner nach einer durchzechten Nacht. Hot Dogs im Freibad. Cordon-Bleu und Fussball mit Papa.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, das ist kein Geheimnis. Falls man also etwas für das Klima, die Gesundheit, das Tierwohl oder das Abenteuergefühl machen möchte hilft es zu Beginn enorm, auf solche Produkte zurückgreifen zu können. Als ich vegan geworden bin, gab es leider praktisch keine solchen Produkte, also habe ich sie selbst hergestellt und bin meist dabei geblieben. Dies hat viel Aufwand bedeutet – aber ich war motiviert genug. Diese Motivation (lanfristig vorallem) besitzen aber nicht alle. Viele Menschen, welche ich kenne, lieben das Ausprobieren der grossen Ersatz-Diversität und kommen so in eine neue – aber doch bekannte Welt. Dies macht die Reise spannend und wohlig behütet zugleich. Alle die in unbekannten Gewässern rudern wollen und Ersatzprodukte zu langweilig finden: Stellt selber her! Experimentiert mit Formen und Farben, mit Zutaten, Gewürzen und Herstellungsarten. Möglichkeiten gibt es genug. E Guete!